Warum Leidensdruck mein bester Freund geworden ist!

Beginnen möchte ich damit, euch von meiner “Leidensgeschichte” der Entstehung meiner Selbstständigkeit zu berichten. Wer fakultativ zwischen den Zeilen liest, der wird feststellen, dass sich das Leidensprinzip (Spoiler Alert), von dem hier die Rede sein wird, als Antwort auf womöglich viele weitere Fragen im Leben übertragen lässt. 

Vom Träumen zum realen Leben

Ich fotografiere seit nun mehr als 12 Jahren. Seit ungefähr 10 Jahren habe ich den Traum, mich mit der Fotografie Selbstständig zu machen. Und ungefähr 8 Jahre hab ich diesen Traum geheim gehalten. Warum? Nun ja, erstmal habe ich peinliche Erwartungen mit diesem Traum verknüpft. Ich würde zum Beispiel innerhalb kürzester Zeit einen Ansturm an Kunden bewältigen müssen, vor Geld und unmoralischen Angeboten würde ich mich nicht retten können. Das die Realität vollkommen anders aussieht war mir natürlich bewusst. Aber man wird ja noch Träumen dürfen, oder?

Und lange Zeit habe ich mich auch dahinter versteckt, weil es sich schlichtweg besser anfühlte als die Realität. In meinen Gedanken war ich bereits ein erfolgreicher Fotograf, dessen Bilder erhaben jeglicher Kritik waren. Und genau da liegt auch das Problem begraben. Ich nenne es das “Traumfraudilemma”. Alternativ könnt ihr hier “Frau” durch “Mann” oder natürlich auch durch “Divers” ersetzen. 

Das Traumfraudilemma

Als aktuell immer noch hetorsexueller Primat bleibt es in meinem Fall das Traumfraudilemma. Ihr kennt das sicherlich auch. In jüngeren Jahren malt man sich seinen Traumpartner aus. Wie er oder sie aussieht, das er oder sie über alle schlechten Witze lacht, die man sich schwer im Laufe seines Lebens gemerkt hat. Wie man bei Sonnenuntergang tiefgründig übers Leben sinniert und sich anschließend (again Spoiler Alert: Reim folgt) körperlich und 100%-ig befriedigend im Andern verliert. Das Problem dabei nur ist, dass die Traumfrau eben nur genau das ist: Ein Traum! Es hat mit der Realität nichts zu tun und wenn man nicht aufpasst, verträumt man sein kurzes Leben. Wer bereits längere Beziehungen hinter sich hat (um bei der Metapher noch kurz zu bleiben) oder immer noch dabei ist, weiß, wie fern mitunter solche Traumvorstellungen vom echten Leben abweichen. Aber zurück zum Thema...hieraus soll schließlich kein “Dr. Sommer-Revival-Blog” werden (Ich vermute dieser Witz zündet nur bei einer bestimmten Altersgruppe!)


Als einigermaßen bewusst durch den Tag gehender Primat, der ich nunmal immer noch bin, wusste ich also um das Traumfraudilemma auch bei meinem Traum vom Profifotograf. Und trotzdem habe ich die Umsetzung dieses Traum auf die lange Bank geschoben, einfach weil ich nicht wollte, dass mein Traum sich mit der Realität abgleichen muss. Oder schlimmer noch, einfach wie eine unglücklich geformte Seifenblase direkt am Anfang seines Weges platzt. Glücklicherweise sind in den letzten Monaten Dinge passiert, die meinen Leidensdruck, endlich mein Leben in die Hand nehmen zu müssen, deutlich verstärkt haben. 


Natürlich ist an Nummer eins mein ehemaliger Job zu nennen. Er hat mich unglaublich viel Energie und sogar Lebensfreude gekostet. Ohne an dieser Stelle tiefer ins Detail zu gehen, war das sicherlich der Hauptfaktor dafür, mein Gehirn damit zu bemühen einen Ausweg aus diesem Labyrinth zu finden. Einfach nur einen anderen Job zu finden war sicherlich eine Option. Ihr müsst jedoch dazu wissen, dass ich mich an einem Punkt im Leben befand, wo ich generell einige meiner Entscheidungen aus der Vergangenheit überarbeitete und die Welt jetzt schlichtweg anders sehe als beispielsweise vor 5 Jahren. In ein anderes Hamsterrad zu springen war also sicherlich eine rein vernünftige Option. Aber keine Lebensbejahende! Hinzu kommt die Geburt meines Sohnes, der mich, im positiven Sinne, dazu zwingt meine Vorbildrolle die ich als Vater einnehmen würde gut zu wählen.

Und so habe ich mich tatsächlich hingesetzt, bin tief in mich gegangen, habe das Ganze mit meiner tollen Frau und meinem kompetenten Therapeuten besprochen. Das Ende vom Lied war bzw. ist, dass ich alles hingeschmissen hab, mein Gewerbe angemeldet hab und aktuell von Arbeitslosengeld 1 lebe. Und soll ich euch was sagen? Ich war nie glücklicher!!!


Falls ich für DICH, ja dich meine ich, bis hier hin immer noch nicht die richtigen Worte gefunden hab, so verdeutlicht es kurz und knapp Shia LaBeouf in seinem "OpenSource" frei für jedermann zur Bearbeitung und mittlerweile zum klassischen Internet Meme verkommenen Clip: 



Die klassische Moral von der Geschichte


Die Moral dieser Geschichte, die zumindest ich daraus nehme ist folgende: Dank des hohen Leidensdrucks war ich praktisch gezwungen etwas zu ändern. Und damit meine ich eben nicht einfach nur den Job zu wechseln. Ich spürte richtig, dass das nicht ausreichen würde. Der Leidensdruck ist es, der mir den inneren Antrieb gab. Und wenn ich so genau darüber nachdenke ist es eigentlich immer genau das, also der Leidensdruck, der uns dazu antreibt nach mehr zu streben. Jeder der mal 5kg abnehmen wollte weiß wovon ich rede. So lange das Snickers immer noch attraktiver ist als eine Paprika, verlierst du den Kampf. Erst wenn der Leidensdruck hoch genug ist, greifst du zu gesunden Paprika.


Ich bin der Überzeugung, dass diese Prinzip auf alle Lebensbereiche übertragbar ist. Egal ob ihr Gewicht verlieren wollt, mit eurem Partner unzufrieden seid oder, um auch wieder auf die positiven Dinge zurück zu kommen, eurem Traum hinterher jagt. Ihr geht erst einen fucking Schritt in die richtige Richtung, wenn der fucking Leidensdruck euren Arsch praktisch dazu zwingt. Leidensdruck für mich ist also etwas gutes. Nur dadurch stehe ich jetzt an diesem Punkt und teile der Welt ungefragt meine Meinung mit. 


Was nun folgt, das weiß ich selbst nicht. In jedem Fall werd ich’s aber hier ungefragt teilen.



Was macht ihr mit eurem Leidensdruck? Heißt ihr ihn willkommen oder ist er Störenfried

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